Ziemestalbrücke: Ein Lost Place für die Generation Instagram


Die Ziemestalbrücke liegt inmitten einer malerischen Landschaft. Züge fahren längst keine mehr auf ihr. Dafür hat sich das Bauwerk zu einem beliebten Fotomotiv entwickelt. Bei einem Spaziergang lässt sich die Leistung der Ingenieure im Jahr 1894 erkunden.

An der Streckenmarke „36,005 Kilometer“ ist es soweit: Die Bahnlinie zwischen Triptis und Marxgrün, die bislang einen steilen Abhang entlangverläuft, verlässt den Boden. Die Ziemestalbrücke hält die Strecke in der Höhe. Auf ihr nimmt das Gleis eine Kurve, legt sich dabei leicht zur Seite. Dies ermöglicht höhere Geschwindigkeiten. Das hellblaue, genietete Stahlgerüst wird von fünf Pfeilern getragen. An der höchsten Stelle führt die Konstruktion in 32 Metern über das Tal. Nach 115 Metern erreicht das Gleis wieder feste Erde.

Die Ziemestalbrücke liegt in einer reizvollen, mit Wald bedeckten Hügellandschaft im Thüringer Schiefergebirge. Einst war das Bauwerk schwierig zu erreichen. Inzwischen führt ein kurzer Wanderweg dorthin und Stufen auf die Höhe des Gleises.

Ziemestalbrücke – ein beliebtes Ziel

Aus dem früheren Geheimtipp ist eine Sehenswürdigkeit geworden – und ein beliebtes Fotomotiv. Dass Menschen von Zügen überrollt werden, ist nicht zu befürchten. Die Strecke wurde im Jahr 2004 stillgelegt, seitdem fahren vereinzelt Draisinen über die denkmalgeschützte Brücke.

Die Überlegung, die Eisenbahn zwischen Triptis und Marxgrün verkehren zu lassen, reicht bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Jedoch wurde jahrzehntelang über den Verlauf gestritten, vor allem über die abzutretenden Grundstücke. Schließlich wurde eine Streckenführung gewählt, die wenig Ärger, dafür aber technische Herausforderungen mit sich brachte.

Brücke erfolgreich erprobt

Wegen der hügeligen Landschaft mussten zahlreiche Brücken und Tunnel entstehen. Die Ziemestalbrücke galt dabei als das schwierigste Bauvorhaben. Die Ingenieure entschieden sich, für ihre anspruchsvolle Konstruktion Stahl zu verwenden, das damals modernste Baumaterial. Eine Konstruktion aus Stein schied wegen der hohen Transportkosten aus.

Ende 1893 begannen die Bauarbeiten, sechs Monate später waren sie bereits abgeschlossen. Im Jahr 1895 wurde die Brücke erfolgreich erprobt, indem drei aneinandergekoppelten Lokomotiven über die Konstruktion fuhren. Der Freigabe für den Eisenbahnverkehr wurde erteilt. Im Lauf der Zeit wurde die Ziemestalbrücke zwei Mal verstärkt, da das Verkehrsaufkommen zugenommen hatte. Eine Reparatur wurde erst im Jahr 1950 fällig – ein Beleg für die ingenieurstechnischen Qualität der Konstruktion an der Streckenmarke „36,005 Kilometer“.


Bewertung

Erlebnis: ★★★★★

Atmosphäre: ★★★★☆

Geschichtsfaktor: ★★★☆☆

Landschaft: ★★★★★

Abgeschiedenheit: ★★☆☆☆

Abenteuer: ★★★☆☆


Besichtigung

Es gibt mehrere Wege, die begangen werden können (siehe dazu auch die Links unten). An dieser Stelle wird die vermutlich kürzeste Variante beschrieben.

Strecke: rund 4 Kilometer

Dauer: 80 Minuten

Kondition: leicht

Schwierigkeit: keine (lediglich Stufen)

Gefahren: bei Eis sind die Metallplanken vermutlich rutschig

Beste Jahreszeit: immer



Wegbeschreibung

Anreise: Der nächst gelegene Ort ist die Gemeinde Altenbeuten im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt. In der Nähe verläuft die Landstraße 2366. Sie führt an einer Talsenke namens Ottergrund vorbei, die sich 400 Meter von der Ottermühle befindet. Dort, direkt nach einer kurzen Brücke, befindet sich ein kleiner Parkplatz für weniger als zehn Autos.

Start und Ziel: Parkplatz Ottergrund

Weg: Ab dem Parkplatz den Wegweisern folgen, nach 1400 Metern steht man vor der Brücke. Auf der linken oder rechten Seite auf die Brücke über zahlreiche Stufen. Die stillgelegte Brücke kann begangen werden, genauso die beiden Metallgänge an den Seiten. Anschließend dem Gleis Richtung Landstraße folgen und zwei Tunnel passieren. An einer Wiese schließlich zur Straße und zurück zum Parkplatz.

Hinweise: Bei Interesse empfiehlt sich auf dem Weg zur Brücke ein Abstecher zur Wysburg. Für die Tunnel ist keine Taschenlampe nötig, aber erleichtern einem natürlich das Leben. Die Route lässt sich abkürzen, indem man nach dem ersten Tunnel links den steilen Hang hinuntergeht und an einer passenden Stelle den Bach überquert. Grundsätzlich scheint die Ziemestalbrücke sehr beliebt zu sein. Gerade an Sommerwochenenden empfiehlt sich, besonders früh oder spät anzufahren.


Weitere Informationen

Stand: 26.7.2020