Die Nazis ließen in Berlin drei Flaktürme errichten, auch im Humboldthain. Auf dem Dach waren Kanonen, im Inneren Luftschutzräume. Nach dem „Endsieg“ sollten die massiven Beton-Gebäude umfunktioniert werden.
In der Mitte des Volkspark Humboldthain in Berlin erhebt sich ein Berg, aus dessen Mitte ein Ungetüm aus Beton in den Himmel stößt. Parkbesucher spazieren auf den Wegen an den Seiten des früheren Flakbunkers hinauf. An den grauen Wänden versuchen sich seilgesicherte Kletterer. Oben angelangt reicht der Blick von zwei Plattformen weit nach Norden in einer an Fernblicken armen Stadt.
Im Zweiten Weltkrieg tobte über Berlin der Luftkrieg. Vom Dach des Gebäudes feuerte die Wehrmacht mit mächtigen Flugabwehrkanonen – kurz: Flak – auf anfliegende Bomberverbände. Die vier Hauptgeschütze (12,8-Zentimeter) spielten von dieser erhöhten Position ihre Reichweite von 21 Kilometer aus. Im dicht bebauten Stadtgebiet hätten sie wegen des immensen Luftdrucks nicht abgeschossen werden können. Unter dem Dach, auf einem umlaufenden Balkon, feuerten Geschütze kleineren Kalibers ebenfalls auf die feindlichen Flugzeuge.
Die Bomber konnten dem Flakturm wenig anhaben. Die Decke bestand aus 5 Meter dickem Stahlbeton, die Wände waren bis zu 3,5 Meter breit. Kritische Stellen waren mit Stahlglocken verschließbar. Dazu zählten beispielsweise die Aufzüge, mit denen die Granaten aus dem Inneren direkt zu den Geschützen gefahren wurden. Der 40 Meter hohe Bunker diente zudem als Luftschutzbunker, ausgelegt für 30.000 Berliner. Bei Bombenalarm drängte die Anwohner in den schützenden Bau.
Das Ungetüm im Norden Berlins war zwischen Oktober 1941 und April 1942 errichtet worden. Es gehörte zum „Führer-Sofortprogramm“. Adolf Hitler hatte 1940 das Bauprojekt befohlen, mit dem im Deutschen Reich Luftschutzbunker entstehen sollten. Genau genommen bauten die Arbeiter, darunter viele Zwangsarbeiter, im Humboldthain zwei Bunker. Zu dem großen Gefechtsbunker gesellte sich ein kleinerer Leitbunker. Er übernahm die Aufgabe, Feindflugzeuge zu orten und die Richtwerte an die Geschütze weiterzugeben.
Baugleiche Bunker-Paare entstanden ebenso im Volkspark Friedrichshain und auf dem Areal des Berliner Zoos. Ein viertes Flakturmpaar, vorgesehen für den Volkspark Hasenheide, wurde stattdessen in Hamburg auf dem Heiligengeistfeld realisiert. Hochbunker schossen ebenso in Wien in die Höhe. Insgesamt existierten im Dritten Reich acht dieser Betonfestungen.
Die Planer hatten bei der Konstruktion der extrem massiven Bauten bereits an die Zeit nach dem Krieg gedacht. Ein Abriss wäre ohnehin schwierig gewesen. Die Flaktürme sollten sich nach dem „Endsieg“ daher in die Stadtbilder einfügen. Die abweisenden Wände sollten mit verzierten Platten ausgestattet werden und einer antiken Festung gleichen. Dieser Plan erklärt, warum in die Bunkerwände ungewöhnlicherweise kleine Fenster eingelassen waren.
Es kam bekanntlich anders. Die Rote Armee rückte im April 1945 in die Reichshauptstadt ein. Die Turmbesatzung griff in die Bodenkämpfe ein. Die Wehrmachtsoldaten schossen mit den Flakkanonen auf alles, was sich bewegte. Näherkommende Panzer gingen in Flammen auf. Der Roten Armee bereiten die betonierten Festungen große Schwierigkeiten. Erst als die Schlacht um Berlin geschlagen war, kapitulierten die deutschen Soldaten in den Flakbunkern.
Nach dem Krieg erwiesen sich die Berliner Flakbunker als hartnäckig. Im Humboldthain versuchten französischen Militärs den Koloss zu sprengen. Vergeblich. Bei einer der Explosionen platzte der Bunker jedoch auf und sackte um etliche Meter ab. Die südliche Hälfte legte sich auf die Seite, die andere Hälfte blieb stehen. Im Mai 1948 gab man auf, da man fürchtete, mit weiteren Sprengungen eine nahe Bahnlinie zu beschädigen.
Ruinen im Trümmerberg
Um die Ruine wurde die Trümmer der zerstörten Stadt aufgeschüttet. Dasselbe Schicksal ereilte den gesprengten Flakbunker in Friedrichshain, der unter dem Trümmerberg jedoch begraben ist. Der Zoobunker hingegen wurde mühselig bis zum Jahr 1955 vollständig abgetragen.
In der Nachkriegszeit wurde die Ruine im Volkspark Humboldthain für Parkbesucher zugänglich gemacht. Die beiden Aussichtsplattformen laden seitdem zum Verweilen ein. Auch das Innere des gesprengten Flakturms ist zugänglich, allerdings nur mit einer Führung des Vereins Berliner Unterwelten.
Bewertung (Außenbesichtigung)
Erlebnis: ★★★★☆
Atmosphäre: ★★☆☆☆
Geschichte-Faktor: ★★★★☆
Landschaft: ★★★★☆
Abgeschiedenheit: ☆☆☆☆☆
Abenteuer: ☆☆☆☆☆
Besichtigung und Wegbeschreibung
In Berlin mit der S-Bahn bis „Gesundbrunnen“ und von dort in den Park Humboldthain. Der Trümmerberg ist bereits von der Station kaum zu übersheen. Die Ruine kann von außen besichtigt und bestiegen werden. Der Verein Berliner Unterwelten bietet Führungen im Inneren an (sehr zu empfehlen).
Weitere Informationen
Stand: 27.7.2021