Spreetunnel Stralau–Treptow: Die Berliner nannten die Tunnel-Tram nur „Knüppelbahn“

Einfahrt in den Spreetunnel im Eröffnungsjahr 1899
Einfahrt in den Spreetunnel im Eröffnungsjahr 1899 (Foto: unbekannt/gemeinfrei)

In Berlin fuhren einst Straßenbahnen in einem Tunnel unter der Spree hindurch. Die Röhre zwischen Stralau und Treptow belegte, dass der Bau eines unterirdischen Streckennetzes prinzipiell möglich war. Heutzutage erinnern Indizien an den Spreetunnel, den es noch immer gibt.

Der Straßenname auf der Berliner Halbinsel Stralau klingt verheißungsvoll: Tunnelstraße. Bis auf einen grünen Streifen mittig der Fahrbahn ist allerdings nichts zu sehen. Genau an dieser Stelle befand sich einst eine Rampe, auf der Straßenbahnen in einen Tunnel einfahren konnten. Er führte unter dem Wasser hindurch und kam im Treptower Park wieder an die Oberfläche. Deswegen gibt es dort einen „Platz am Spreetunnel.“

Der Vorläufer des Spreetunnels entstand 1895 auf Grundstücken der AEG. Es wurde ein Tunnel gegraben, der zwei nahe Standorte unterirdisch miteinander verband. Darin verkehrte eine Bahn. Der kurze Tunnel war der erste Test, mit dem erprobt werden sollte, ob ein unterirdisches Streckennetz in Berlin realisieren sein würde.

Rund 450 Meter lang

Im selben Jahr erhielt AEG die Genehmigung für den Bau eines Probetunnels zwischen Stralau und Treptow. Die Firma musste zusichern, dass darin eine Straßenbahn verkehren würde. Die Röhre unter der Spree entstand zwischen 1895 und 1899. Der Tunnel erstreckte sich im Untergrund auf 454 Meter Länge. Er lag ungefähr zwölf Meter unterhalb der Spree. Den Arbeitern gelang damit nicht nur der erste Tunnel unter Wasser in Deutschland, sondern auch der erste Tunnel, der im Schildvortriebverfahren hergestellt worden war.

Die erste Probefahrt wurde am 16.12.1899 unternommen. Die Durchfahrt dauerte zwei Minuten. Zwei Tage später begann der Straßenbahn-Linienverkehr zwischen dem heutigen Ostbahnhof und Treptow. Die Züge verkehrten im einspurigen Tunnel nach einem simplen Prinzip: Bei der Einfahrt erhält der Fahrer einen Stab. Auf der anderen Seite gibt er den Stab wieder ab. Der Tram-Fahrer in die entgegengesetzte Richtung verfährt genauso. Da es nur einen Stab gibt, ist immer nur eine Bahn im Tunnel unterwegs. Der Volksmund bezeichnete dies damals als Knüppelbahn.

An dieser Stelle auf der Halbinsel Stralau befand sich einst eine Rampe, die zum Tunnel-Eingang hinabführte.
An dieser Stelle auf der Halbinsel Stralau befand sich einst eine Rampe, die zum Tunnel-Eingang hinabführte. (Foto: Fabian Schweyher)

Im Jahr 1932 bemerkten Inspekteure Risse im Tunnelbauwerk. Der Tram-Verkehr musste deswegen eingestellt werden. Lediglich während der Olympischen Winterspiele 1936 durften Fußgänger den notdürftig gesicherten Tunnel passieren.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der nördliche Tunnelabschnitt als Luftschutzraum genutzt. Vom südlichen Teil war er mit einer eingezogenen Betonmauer getrennt. Dort drang immer wieder Spreewasser in die Röhre. Man wollte verhindern, dass der Luftschutzraum geflutet werden würde.

Nach dem Krieg wäre eine Reparatur zu kostspielig gewesen. Um den ohnehin bereits beschädigten Tunnel vor dem vollständigen Kollaps zu bewahren, wurde 1948 entschieden, das Bauwerk zu fluten. Rund 20 Jahre später schütteten Arbeiter die Zugänge auf beiden Seiten zu. Die Röhre unter dem Fluss gibt es allerdings immer noch. Nur noch die Namen „Tunnelstraße“ und „Platz am Spreetunnel“ erinnern an die unterirdische Verbindung.


Bewertung

Erlebnis: ☆☆☆☆☆

Atmosphäre: ☆☆☆☆☆

Geschichte-Faktor: ★★☆☆☆

Landschaft: ☆☆☆☆☆

Abgeschiedenheit: ☆☆☆☆☆

Abenteuer: ☆☆☆☆☆



Besichtigung

Von dem Tunnel ist heutzutage nichts mehr zu erkennen. Lediglich die Straßennamen erinnern daran.

Strecke: nach eigenem Ermessen

Dauer: nach eigenem Ermessen

Kondition: keine

Schwierigkeit: keine

Gefahren: keine

Beste Jahreszeit: keine


Wegbeschreibung

Anreise: In Berlin mit der Bus 104 bis zur Endhaltestelle „Tunnelstraße“, direkt an der Straße am Friedhof steht eine Infotafel über den früheren Tunnel.

Start und Ziel: –

Weg: –

Hinweise: –


Weitere Informationen

  • keine

Stand: 26.5.2021