Berliner Mauer beschädigte historisches Friedhof-Ensemble Liesenstraße für immer


An der Liesenstraße in Berlin entstanden im Lauf der Zeit vier Friedhöfe. Die Berliner Mauer verwüstete das historische Areal. Dies hat auf den Friedhöfen Spuren hinterlassen. Selbst Teile der Mauer stehen noch.

Die Berliner Mauer, die die Stadt einst durchschnitt, existiert längst nichtmehr. An einigen Stellen sind jedoch Reste erhalten geblieben. Zum Beispiel an der Liesenstraße im Bezirk Mitte. Unscheinbar steht ein kurzes Stück Original-Mauer neben der Liesenbrücke. Auf den dahinterliegenden Friedhöfen sind weitere Relikte zu sehen.

An der Liesenstraße, im Jahr 1826 angelegt, befinden sich seit jeher vier Begräbnisfelder. Bebauung gab und gibt es kaum. Die einst in der Nähe angesiedelten Eisengießereien und Metallfabriken stießen Unmengen Rauch in den Himmel, was der Gegend die Bezeichnung „Feuerland“ einbrachte.

Ideal für Friedhöfe

Für den Bau von Wohnungen war die Liesenstraße deshalb unattraktiv. Hinzu kam der Lärm des Zugverkehrs, ausgehend vom nahen Stettiner Bahnhof (heute: Nordbahnhof). Die Bahntrasse quert die Liesenstraße auf der Luisenbrücke.

Die brachliegenden Flächen, damals noch am Berliner Stadtrand gelegen, eigneten sich jedoch für die Anlage von Friedhöfen. Zwischen 1830 und 1842 entstanden vier von ihnen an der Liesenstraße:

Nördlicher Bereich
– Dorotheenstädtische Friedhof II

Südlicher Bereich
– Friedhof I der Domgemeinde
– Alter Domfriedhof der St.-Hedwigs-Gemeinde
– Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde

Mit dem Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 verlief die Grenze entlang der Liesenstraße. Der nördliche Bereich gehörte zu West-Deutschland, der Süden hingegen zur DDR. Unmittelbar hinter der Mauer legten die Wachmannschaften einen Grenzstreifen an. Die Gräber der drei Friedhöfe waren im Weg. Auf einer Breite von 40 Metern wurden die Ruhestätten zerstört. Die Grabsteine sollen teilweise für den Bau eines Kolonnenwegs genutzt worden sein. Ein Wachturm überwachte zusätzlich die Bahnstrecke.

Die unbeschädigten Abschnitte der drei südlichen Friedhöfe wurden abgeriegelt. Menschen, die die Gräber ihrer Angehörigen besuchen wollten, benötigten einen Passierschein. In der drei Jahrzehnte langen Mauerzeit verfielen jedoch viele Gräber. Es kam außerdem zum Vandalismus. Kurios: Der Friedhof im Norden lag in West-Berlin und blieb zugänglich. Allerdings lag die zugehörige Kirchengemeinde nun in Ost-Berlin. Die Verwaltung übernahmen Gemeinden in Kreuzberg.

So sahen die DDR-Grenzanlagen auf dem St.-Hedwig-Friedhof im Jahr 1980 aus.
So sahen die DDR-Grenzanlagen auf dem St.-Hedwig-Friedhof im Jahr 1980 aus. (Foto: Wikipedia/Axb/CC BY-SA 3.0)

Nach der Wiedervereinigung wurden die drei Friedhöfe wieder hergestellt, die Grenzanlagen abgebaut. Die Schneise, die der einstige Grenzstreifen hinterließ, wurde als Rasenfläche bewusst freigehalten. Der historische Einschnitt bleibt nachvollziehbar.

Aufmerksamen Beobachtern fällt auf, dass einzelne Relikte der Grenzanlagen erhalten geblieben sind. Am markantesten ist der 15 Meter lange Abschnitt der Berliner Mauer an der Liesenbrücke – oben abgeschlossen mit ikonischem Betonrohr.

Kuppel des Berliner Doms

Im westlichen Friedhofsbereich ist außerdem ein Teil der Hinterlandmauer zu sehen. Sie sperrte den Grenzstreifen auf der Rückseite ab. Noch weiter zurückgesetzt befand sich die sogenannte „Vorfeldsicherung“. Ein solcher Abschnitt ist am östlichen Friedhof zu sehen. Die 200 Meter lange Plattenwand blockierte zusätzlich den Bahndamm.

Seit der Wende prägen die vier Friedhöfe wieder die Liesenstraße. Zahlreiche mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten sind dort begraben. Zum Beispiel der Schriftsteller Theodor Fontane, der Lyriker Peter Hacks oder Leopold Arends, der Erfinder der Stenografie. Am Eingang des Friedhofs I der Domgemeinde befindet sich außerdem ein 15 Meter hohes Kreuz. Es war bis zum Jahr 2006 auf der Kuppel des Berliner Doms angebracht – bis es wegen Rost ausgetauscht werden musste.


Bewertung

Erlebnis: ★★★☆☆

Atmosphäre: ★★★★

Geschichte-Faktor: ★★★★★

Landschaft: ★☆☆☆☆

Abgeschiedenheit: ★★☆☆☆

Abenteuer: ☆☆☆☆☆



Besichtigung

Strecke: nach eigenem Ermessen

Dauer: nach eigenem Ermessen

Kondition: keine

Schwierigkeit: keine

Gefahren: keine

Beste Jahreszeit: keine


Wegbeschreibung

Anreise: In Berlin zur U-Bahn-Station Schwartzkopffstraße, von dort der Chaussee-Straße für 100 Meter nach Norden folgen und in die Liesenstraße einbiegen.

Start und Ziel: eigenständig

Weg: eigenständig

Hinweis: keine


Weitere Informationen

  • keine

Stand: 29.6.2021