Nazi-Gräber, Todesstreifen und Mauertote: Die Geschichte des Invalidenfriedhofs


Der Invalidenfriedhof wurde einst für Kriegsversehrte angelegt. Später diente er als letzte Ruhestätte für Nazi-Größen. Während der DDR schändeten dann Grenzsoldaten den Friedhof.

Der Invalidenfriedhof direkt am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal entstand 1748 zusammen mit einem Militärkrankenhaus, dem Invalidenhaus. Dieses Hospital wurde ausschließlich für kriegsversehrte Veteranen erbaut. Zur Anlage gehörten ebenso eine evangelische und eine katholische Kirche. Zu der Militärgemeinde gesellte sich mit der Zeit eine wachsende zivile Gemeinde, die den Invalidenfriedhof ebenso für Bestattungen nutzte.

Nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon von 1813 bis 1815 wurde der Friedhof Begräbnisstätte für hochrangige Offiziere des preußischen Heeres, darunter Gerhard von Scharnhorst. Im Ersten Weltkrieg fand der Jagdflieger Manfred von Richthofen seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof. Nach dem Weltkrieg wurde das Hospital als militärische Einrichtung geschlossen. Die Begräbnisstätte blieb weiterhin in Betrieb.

Kämpfe auf dem Friedhof

Im Dritten Reich nutzten die NS-Machthaber den Friedhof, um Vertreter des Regimes zu Grabe zu tragen. Zu nennen sind beispielsweise Reinhard Heydrich, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts, sowie der Reichsminister für Bewaffnung und Munition Fritz Todt. Bestattet wurde ebenso der letzte Kommandant des Invalidenhauses und Widerstandskämpfer Wilhelm Staehle.

Im Zweiten Weltkrieg kam es auf dem Gelände zu Kämpfen. Nach dem Krieg wurde der Friedhof von den Alliierten als militärisches Objekt beschlagnahmt, was den Friedhofsbetrieb jedoch nicht beeinträchtigte. Im Mai 1951 beschloss der Magistrat von Groß-Berlin, den Invalidenfriedhof zu schließen und einen Teil der Gräber einzuebnen. Damit endete der aktive Betrieb des Friedhofs, auf dem rund 30.000 Beisetzungen stattgefunden hatten. Darunter waren Soldaten, Kleriker, Kulturschaffende, Wissenschaftler, Handwerker, aber auch Industrielle und Arbeiter.

Vier Menschen sterben

Mit der Errichtung der Berliner Mauer 1961 verlief die neue Grenze am Westufer des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanals. Der Invalidenfriedhof lag unmittelbar im Grenzgebiet. Die DDR-Grenztruppen begannen, die Anlage systematisch zu zerstören. Der Friedhof wurde mit dem Ausbau des Grenzstreifens regelrecht geschändet. Die Friedhofsmauer diente ab sofort als Grenzmauer, auf die zusätzlich ein Zaun aufgesetzt wurde. Dahinter entstanden Wachtürme und Kolonnenweg. Gräber, die im Weg waren, wurde beseitigt. Von den vor dem Mauerbau erhalten gebliebenen rund 3000 Gräbern waren nach dem Fall der Mauer nur noch knapp 300 übrig. Während der deutsch-deutschen Teilung starben mindestens vier Menschen in diesem Grenzabschnitt.

Trotz der immensen Zerstörungen bot der Friedhof aber immer noch ein fast geschlossenes Bild der Berliner Sepulkralkultur der vergangenen 200 Jahre. Die Anlage wurde unter Denkmalschutz gestellt. Der 1992 gegründete Förderverein Invalidenfriedhof organisierte die Sanierung und Restaurierung der Ruhestätte. Der Verein kümmert sich seitdem um den Erhalt der historisch und kulturell wertvollen Grabstätten. Die baulichen Narben, die die Grenzanlage hinterlassen haben, gehören nun ebenso zu der Anlage. Teile der Mauer sind erhalten geblieben. Dies ändert nichts daran, dass der Invalidenfriedhof heutzutage wieder eine würdevolle Stätte der Besinnung ist.


Bewertung

Erlebnis: ★★☆☆☆

Atmosphäre: ★★★☆☆

Geschichtsfaktor: ★★★★★

Landschaft: ☆☆☆☆☆

Abgeschiedenheit: ☆☆☆☆☆

Abenteuer: ☆☆☆☆☆


Besichtigung

Strecke: nach eigenem Ermessen

Dauer: nach eigenem Ermessen

Kondition: keine

Schwierigkeit: keine

Gefahren: keine

Beste Jahreszeit: immer



Wegbeschreibung

Anreise: einen Kilometer südwestlich von der U-Bahn-Station „Schwartzkopffstraße“ gelegen

Start und Ziel: nach eigenem Ermessen

Weg: nach eigenem Ermessen

Hinweise: Wenige Meter in nördlicher Richtung am Kanal entlang befindet sich ein alter DDR-Grenzturm, der als „Gedenkstätte Günter Litfin“ fungiert.


Weitere Informationen

  • keine

Stand: 9.5.2021