Sportpalast: Wo Goebbels den „totalen Krieg“ forderte, steht nun eine Bausünde

Die Wohnsiedlung „Pallasseum“ in Berlin-Schöneberg prägt mit ihrem Erscheinungsbild die Pallasstraße. An der Stelle des wuchtigen Gebäudes, das einen alten Hochbunker überspannt, stand einst der Berliner Sportpalast. Darin hielt NS-Propagandaminister Joseph Goebbels seine berüchtigte Rede vom „totalen Krieg“. Ein Blick auf das historisch interessante Areal.


1. Berliner Sportpalast

Das Bild zeigt den Sportpalast ungefähr im Jahr 1910.
(Foto: H. Dernburg; URL: https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/P/229643.php; Lizenz: CC0)

Die Sportpalastrede, in der Joseph Goebbels im Dritten Reich ein fanatisiertes Publikum zum „totalen Krieg“ aufrief, ist in die Geschichte eingegangen. Weniger bekannt ist hingegen die Veranstaltungshalle selbst, in der er die Rede 1943 hielt. Der Sportpalast lag einst, etwas nach hinten versetzt, an der früheren Potsdamer Straße 172. Die 1910 eröffnete Halle bot Platz für bis zu 10.000 Menschen. Damit war sie damals die größte Halle in Berlin. Im Inneren fanden, wie der Name nahelegt, Sportveranstaltungen statt, beispielsweise Eishockey, Boxen und Hallenreiten. Lange Zeit war der Sportpalast auch Austragungsort für das Berliner Sechstagerennen.

Ab den 1920er-Jahren nutzten zunehmend Parteien die Halle für Versammlungen, darunter SPD und KPD. Der Sportpalast, in dem zwischenzeitlich kaum noch Sportveranstaltungen stattfanden, war auch beliebt bei der NSDAP. Adolf Hitler sprach auf mehreren Parteitagen im Sportpalast. Am 18. Februar 1943 hielt Joseph Goebbels dann seine berüchtigte Rede. 1944 wurde die Halle bei Luftangriffen zerstört.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Berliner Sportpalast stark vereinfacht wieder aufgebaut. Sportveranstaltungen zogen wieder Besucher an. In der Folgezeit diente die Halle immer öfter als Bühne für Musikkonzerte. Zum Beispiel spielte Frank Zappa ein Konzert. Allerdings wurde der Betrieb der Halle immer unwirtschaftlicher. 1973 wurde der Sportpalast abgerissen.


2. Pallasseum

An der Stelle des Sportpalasts entstand das Pallasseum. Arbeiter errichteten die mehrteilige Wohnanlage zwischen 1974 bis 1977. Der Betonbau umfasst zwölf Stockwerke, drei sechsstöckige Querbauten und zwei Innenhöfe. Die auch Pallas genannte Siedlung besteht aus 514 Wohnungen.

Zur Zeit seiner Errichtung galt das Wohnareal als modern. Das Pallasseum entwickelte sich allerdings schnell zu einem sozialen Brennpunkt, weswegen die Politik selbst ein Abriss erwog. In den vergangenen Jahren soll sich die Situation wesentlich verbessert haben. Vor dem Pallasseum kommt es jedoch immer wieder zu Gewaltausbrüchen durch migrantisch-geprägte Jugendgangs. Mit diesem Image spielten bereits Rapper wie Capital Bra, Bushido oder Fler, die vor dem Gebäude Musikvideos drehten.


3. Hochbunker Pallasstraße

Das wuchtige Pallasseum geht in seiner Erscheinung eine Symbiose mit einem anderen kantigen Gebäude ein: dem Hochbunker Pallasstraße. Der lediglich im Rohbau finalisierte Hochbunker entstand im Zweiten Weltkrieg. Errichtet wurde er von Herbst 1943 bis Kriegsende 1945 von Zwangsarbeitern. Der vierstöckige Schutzbau an der Pallasstraße, der auch „Sportpalast-Bunker“ genannt wurde, war dafür vorgesehen, die Technik des nahen Fernmeldeamtes I der Reichspost in der Winterfeldtstraße aufzunehmen.

Nach dem Krieg versuchten die Alliierten vergeblich, den Bunker in die Luft zu jagen. Man wollte die umliegenden Häuser mit stärkeren Sprengungen nicht gefährden und stellte den Abriss daher ein. Beim Bau des Pallasseums wurde die Wohnsiedlung quasi auf den Bunker gesetzt.

Im Kalten Krieg wurde der Betonklotz auf Wunsch der westlichen Alliierten Ende der 1980er-Jahre zum größten Zivilschutzbunker der Stadt umgebaut. Er bot knapp 5000 Menschen Platz in seinem Inneren. Seit 2011 steht der Bunker unter Denkmalschutz. Übrigens: Regisseur Wim Wenders drehte in dem Betonbau Szenen für den Film „Der Himmel über Berlin“ (1987). Das Label Aggro Berlin nutzte ihn 2002 außerdem für den Dreh des Musikvideos „Aggro Ansage Nr. 2“.


Bewertung

Erlebnis: ★★☆☆☆

Atmosphäre: ★★★☆☆

Geschichte-Faktor: ★★★★☆

Landschaft: ☆☆☆☆☆

Abgeschiedenheit: ☆☆☆☆☆

Abenteuer: ☆☆☆☆☆


Besichtigung

Strecke: nach eigenem Ermessen

Dauer: nach eigenem Ermessen

Kondition: keine

Schwierigkeit: keine

Gefahren: keine

Beste Jahreszeit: immer



Wegbeschreibung

Anreise: In Berlin-Schöneberg mit der U-Bahn bis „Kleistpark“ oder „Yorckstraße“ und zu Fuß zur Straßenecke Goebenstraße/Potsdamer Straße. Direkt vor dem Pallasseum befindet sich die Busstation „Goebenstraße“.

Start und Ziel: nach eigenem Ermessen

Weg: nach eigenem Ermessen

Hinweise: In unmittelbarer Nähe befindet sich der historisch interessante Kleistpark mit Kammergericht.


Weitere Informationen

  • keine

Stand: 18.5.2021