Untergrund-Friedhof: In den Katakomben von Paris sind Langfinger unterwegs


Die Katakomben von Paris sind weltberühmt. Die geheimnisvollen Gänge und die unterirdischen Beinhäuser lassen sich auf einem Spaziergang erkunden.

Aus 23 Meter Tiefe geht es Treppenstufe für Treppenstufe hinauf zur Erdoberfläche. Bevor die Pariser Katakomben einen jedoch ins Freie entlassen, filzt ein Aufpasser die Habseligkeiten. Der Grund: Immer wieder stehlen Touristen Knochen aus dem unterirdischen Labyrinth. Während des 45 Minuten dauernden Spaziergangs unter Paris waren die Leerstellen in den kunstvoll drapierten Knochen- und Schädelstapeln aufgefallen. Offenbar stammen sie von Langfingern.

Diebstahl und Sachbeschädigung sind ein Übel des Massentourismus, die auch vor den Katakomben in Paris nicht Halt machen. Touristen aus aller Welt wollen die Attraktion sehen. Am Eingang stauen sich oftmals lange Menschenschlangen. Bei dem Museum handelt es sich um die einzige Möglichkeit für Außenstehende, die berühmte Sehenswürdigkeit zu besichtigen. Allerdings handelt es sich dabei nur um einen kleinen Ausschnitt der Katakomben. Der Boden der gesamten französischen Hauptstadt ist durchlöchert wie Käse.

Katastrophale Zustände

Die ersten Gänge entstanden im 15. Jahrhundert, weil Baumaterial an der Oberfläche benötigt wurde. Arbeiter sägten Kalkstein, Gips und Kreide aus dem Boden. Die unterirdischen Steinbrüche wurden mit der Zeit immer größer – bis schließlich ein regelrechtes Tunnel-Netzwerk entstanden war.

Die Bewohner von Paris dürften sich wenig für die Geschehnisse unter ihrer Stadt interessiert haben. Dies änderte sich als ein Problem immer drängender wurde: Die Friedhöfe der Stadt waren überbelegt. Mit jedem neuen Leichnam wurden die hygienischen Zustände katastrophaler. Krankheiten breiteten sich in der Metropole aus. Es stank wortwörtlich nach Tod.

Faszination des Morbiden

In ihrer Not erinnerten sich die Bewohner an die Gänge unter ihren Füßen. Man entschied sich, fortan die sterblichen Überreste der Pariser in den verlassenen Tunneln umzubetten. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts entstanden so die ersten unterirdischen Beinhäuser. Wurden zunächst nur die Toten des damals größten Paris Friedhofs „Cimetière des Innocents“ in die Tiefe gebracht, folgten später alle Friedhöfe der Stadt dem Beispiel.

Diese Praxis endete erst um das Jahr 1860. Zu diesem Zeitpunkt ging von den Gebeinen in den Katakomben bereits eine ungeheure Anziehungskraft auf die Menschen aus. Die Faszination der Pariser war dermaßen groß, dass im frühen 19. Jahrhundert die ersten Untergrund-Passagen für Neugierige geöffnet wurden. Seitdem kamen immer mehr Touristen, die Katakomben wurden zur Attraktion. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Leider nur geht die Begeisterung mancher Besucher offenbar so weit, dass sie Knochen als Souvenir mitnehmen.


Bewertung

Erlebnis: ★★★★★

Atmosphäre: ★★★★★

Geschichte-Faktor: ★★★★★

Landschaft: ☆☆☆☆☆

Abgeschiedenheit: ☆☆☆☆☆

Abenteuer: ★★☆☆☆



Besichtigung und Wegbeschreibung

Die Katakomben lassen sich auf einer festgelegten Route erkunden. Der Eingang befindet sich in einem Gebäude auf dem Platz de l’Abbé-Migne (Adresse: 1-3 Av. du Colonel Henri Rol-Tanguy). Das Haus ist nicht zu verfehlen, da es sich mehr oder weniger direkt am Ausgang der Metro-Station Denfert-Rochereau (Linien 4 und 6) befindet. Bei großem Andrang empfiehlt es sich, vorher Karten online zu bestellen. Alternativ kann man – ebenso online – verbilligte Tickets erhalten, die aber je nach Verfügbarkeit tagesaktuell verfügbar sind. Der unterirdische Spaziergang dauert rund eine Stunde. Man verlässt sich Katakomben wieder über einen Ausgang in der nahe gelegenen Av. René Coty. Achtung: Am Ein- und Ausgang müssen zahlreiche Treppenstufen gegangen werden. Anonsten ist der Ausflug unproblematisch.



Weitere Informationen

Stand: 13.9.2021