Werk Lusern (Forte Campo de Luserna): Als der Kommandant die Nerven verlor


Von den sieben österreichisch-ungarischen Sperrwerken, die direkt an der Grenze zu Italien lagen, war das Werk Lusern (italienisch: Forte Campo de Luserna) das am weitesten vorgeschobene. Der Bau nahe der namensgebenden Ortschaft Lusern, der im Jahr 1912 fertiggestellt wurde, galt seinerzeit als modern. Davon zeugen Betonbauweise und Eisenarmierungen. In den dreistöckigen Kasemattblock war ein Batterieblock integriert. Letzterer bestand aus vier Turmhaubitzen und Panzerkuppeln für Maschinengewehre. Den das Werk umgebende Graben konnte, falls feindliche Soldaten eindrangen, mit weiteren Kanonen bestrichen werden. Zu Lusern gehörten auch zwei außerhalb liegende Nahkampfanlagen: die Vorwerke Oberwiesen und Viaz.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs geriet das Werk unter Feuer des italienischen Panzerforts Campolongo, sechs Kilometer entfernt und 200 Meter höher gelegen. Hunderte Granaten prasselten auf das Werk, das vergleichsweise wenig Schaden nahm. Allerdings war ausgerechnet der Werkskommandant nach drei Tagen Beschuss nervlich am Ende. Oberleutnant Nebesar ließ kurzerhand das Werk räumen und eine weiße Fahne hissen. Auf Befehl des alarmierten Brigadekommandos feuerten die Nachbarwerke Verle und Gschwent sofort Sperrfeuer auf das geräumte Werk, um die Einnahme durch den Gegner zu verhindern. Nach einer Stunde rückte die Besatzung wieder ein. Die Fahne wurde eingeholt. In der Folgezeit kam es zu Artilleriegefechten mit den italienischen Festungswerken Forte Monte Verena und Campolongo.

Im weiteren Kriegsverlauf kam es immer wieder zu massivem Beschuss auf das Werk Lusern, das schwer beschädigt wurde. Die Betondecke im Kasematten- und Batteriebereich wurde mehrmals durchschlagen. Es gab zahlreiche Tote. Nachts versuchten Bautrupps, die Löcher mit schnell bindendem Beton zu schließen. In den Kriegsphasen, in denen die italienische Artillerie schwieg, versuchte man immer wieder, das Werk notdürftig instand zu setzen. .

Nach dem Krieg wurde das Werk gesprengt, um an den damals raren Stahl in der Bausubstanz zu gelangen. Zurück blieb eine zertrümmerte Ruine.

Die Aufnahme zeigt das beschädigte Werk Lusern nach einem Beschuss. (Bild: gemeinfrei)
Die Aufnahme zeigt das beschädigte Werk Lusern nach einem Beschuss. (Bild: gemeinfrei)


Besichtigung und Wegbeschreibung

Um das Werk zu besichtigen, parkt man am besten in Lusern. Der Ort, eine erhaltene deutsche Sprachinsel der Zimbern, liegt etwas abseits östlich von Rovereto und südlich von Löweck. Lusern ist Startpunkt einer interessanten ausgeschilderten Rundwanderung zum Werk Lusern (insgesamt rund sieben Kilometer, Route). Auf diesem Weg „Dalle Storie alla Storia” (Von den Geschichten zur Geschichte) befinden sich mehrere historische Informationstafeln, die das Leben der Bevölkerung im Krieg beschreiben.


Stand: 7.6.2022